Deutsche Philosophie

Deutsche Philosophie

Deutsche Philosophie. Nach der Einführung des Christentums bildete sich im Mittelalter die auf Aristoteles beruhende scholastische Philosophie aus, die in Deutschland bes. durch Albert von Bollstädt, dem Lehrer des Thomas von Aquino, Förderung erfuhr. Daneben griff seit Meister Eckhart die religiöse Mystik, auf der auch die Reformatoren fußten, immer weiter um sich und entfaltete sich, mit naturphilos. Spekulationen verschmolzen, durch Jakob Böhme zu einem tiefsinnig grübelnden Gedankensystem. Der erste selbstschöpferische Philosoph der Deutschen war Leibniz (1646-1716); dessen geniale Gedanken faßte Christian von Wolf in ein geschlossenes Lehrsystem zusammen. Mit ungleich mächtigerer Wirkung drang die auf einer Kritik der Erkenntnistätigkeit begründete Philosophie Immanuel Kants (1724-1804) in das gesamte geistige Leben ein und bildet noch heutigentags den Ausgangspunkt für alles metaphysische Forschen. Von ihr ging die nach dem gemeinsamen Grundprinzip des Seins und Denkens suchende sog. Identitätsphilosophie aus, die vom Beginn des 19. Jahrh. rasch nacheinander in Fichtes moralischem, Schellings ästhetischem, endlich abschließend in Hegels, allen einzelnen Wissenschaften ihren gebührenden Platz anweisendem, logischem Idealismus systemat. Bearbeitungen, Gegner in Herbart mit seiner ma them.-formellen Methode und in Ludwig Feuerbach fand, der im wachsenden Kampfe mit der idealistischen Philosophie eine schließlich in völligen Materialismus auslaufende sensualistische Popularphilosophie ausbildete. Von Hegel und Herbart gleichmäßig angeregt, begründete in neuester Zeit Lotze mit eingehender Benutzung des naturwissenschaftlichen Materials ein System des teleologischen Idealismus. Neben diesen gelangte die Willensphilosophie Schopenhauers zu großem Einfluß, während der von ihm vertretene Pessimismus nach kurzer Herrschaft zurücktrat. Die neuere Zeit zeigt eine überaus reiche Tätigkeit auf allen einzelnen Gebieten der Philosophie, ohne daß es zu einer beherrschenden Gedankenbewegung bisher gekommen wäre. Großen Einfluß hatte bes. Eduard von Hartmann und Nietzsche. Der Mangel an allgemein anerkannten Systemen führte zu besonders eingehender Beschäftigung mit der Geschichte der Philosophie, für die bes. Zeller, Kuno Fischer, Dilthey, Benno Erdmann, Vaihinger, Deussen, Ziegler zu nennen sind. – Vgl. Siebert (1898), Külpe (2. Aufl. 1904).


http://www.zeno.org/Brockhaus-1911. 1911.

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